Beat Muntwyler
Quelle: Beat Muntwyler
Seit einigen Jahren bieten wir in der katholischen Pfarrei St. Stefan Amriswil, regelmässig «Exerzitien im Alltag» an. Gerne gebe ich einige Impulse zu unseren «kontemplativen» Exerzitien weiter.


Pfarrei-Exerzitien sind so strukturiert, dass sich die Teilnehmer während ca. sechs Wochen oder sechs Monaten wöchentlich/monatlich zu einem Impuls-Abend treffen und die gemachten Erfahrungen austauschen. Während dieser Zeit nimmt man sich täglich ca. eine halbe Stunde Zeit für die geistlichen Übungen. 

Zu Beginn ist es mir wichtig, die Begriffe «Meditation» und «Kontemplation» wenigstens ansatzweise zu definieren. 

Meditation im christlichen Kontext bezeichnet das Betrachten der Heiligen Schrift. Lesen, nachdenken, sich die biblischen Szenen mit allen Sinnen vergegenwärtigen. Wie sieht Jesus aus? Wie schaut er mich an? Was sagt er in meiner konkreten Lebenssituation zu mir? Wie klingt seine Stimme? Wie fühlt sich seine Berührung an? Wie riecht es im Stall zu Bethlehem? usw. 

Die christliche Kontemplation setzt voraus, dass man Jesus Christus, den menschgewordenen Sohn Gottes, durch die Meditation kennt und liebt. Kontemplation hat etwas mit dem Tempel zu tun. In unserem Zusammenhang ist der Tempel unseres Leibes gemeint. «Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt?» (1Kor 6,19)
In der christlichen Kontemplation geht es also darum, sich bewusst zu werden, dass Christus (der Dreifaltige Gott) in uns, in unserer konkreten leib-seelischen Verfasstheit lebt. Mein eigenes Nachdenken über Gott und mein Leben, meine eigenen Bilder und Gefühle treten im kontemplativen Gebet etwas in den Hintergrund, weil es jetzt darum geht, mit Jesus Christus im Heiligen Geist ins Herz des Vaters einzukehren. 

Konkret haben wir versucht, folgende Haltungen einzuüben:

•            Christus lebt in mir. (Gal 2,19b-20)
•            Der Geist ruft mit Christus in uns:       Abba, Vater. (Röm 8,15)
•            Wir achten auf unseren Atem und verbinden ihn mit einem heiligen Wort. 
(zum Beispiel: Jesus / Jesus Christus / Abba / Maranatha…)
•            Ich übe mich ein, das diskursive Denken (Wahrnehmen – Urteilen – Handeln) zu unterbrechen und vor allem im Wahrnehmen zu bleiben. Das heisst, dass wir Bilder, Gefühle und Gedanken, die spontan kommen, ohne sie besonders zu beachten, mit Christus «ausatmen» und dem Vater übergeben.
•            Um ganz in die Gegenwart zu kommen, bin ich bewusst in meinem Leib.(Zum Beispiel: Beim Sitzen in den Händen. Beim Spazieren in den Füssen.)
•            Ich «atme» alle Sinneseindrücke dankbar ein und schenke sie beim Ausatmen dem Vater zurück. Dabei kann man sich jeweils abwechselnd auf das Sehen, Hören, Fühlen, Riechen, Schmecken, fokussieren. Viele, die sich darin einüben fühlen, wie sie dankbarer und gegenwärtiger werden. Unter der Dusche grübelt man nicht mehr über Probleme nach, sondern man dankt für das Geschenk des Wassers, für die Wärme oder Kälte, für den Geschmack des Duschgels … Beim Kaffeetrinken wird die Wärme der Tasse dankbar angenommen und der Geschmack des Inhalts ausgekostet. Beim Spazieren im Wald kann ich mich erholen, wenn ich die Gnadengeschenke Gottes mit allen Sinnen aufsauge und ermüdende Gedanken nicht zulasse.

Lassen wir Christus im Tempel unseres Leibes und unserer Seele leben. 

Sagen wir mit ihm dem Vater jederzeit Dank für alles (vgl. Eph 5,20). 

Wer für alles danken kann, darf immer wieder eine grosse Freude im Heiligen Geist erfahren.

 

Pfr. Beat Muntwyler